Behandlung von Essstörungen

Behandlung von Essstörungen

Samstag, 29. Oktober 2016

Entschluss ist mehr als nur ein Versuch

"Es wurden bisher viele Methoden entwickelt, um Essstörungen zu behandeln.  Über ihre Wirksamkeit,  ihren Erfolg oder Misserfolg kann man stundenlang diskutieren. Betroffene haben selbstverständlich  das Recht, die Methode auszuwählen, die ihren Vorstellungen und Bedürfnissen am meisten entspricht. Aber ihre innere Haltung, die Bereitschaft zur Veränderung und die Offenheit einem Verfahren gegenüber sind meiner Meinung nach die wichtigste Komponente, um eine Essstörung überwinden zu können. Es ist oft viel zu bequemer, keine Verantwortungen zu übernehmen und von Anfang an sagen: "Das hat mir nichts gebracht. Das hat nicht funktioniert".
Ein VERSUCH stellt kein Entschluss zur Veränderung dar. Ein Entschluss ist mehr als ein unverbindlicher Versuch. Entschluss bedeutet vor allem Hingabe an Ziel und Handlung im Hier und Jetzt. Essstörungen sind dann überwindbar, indem ein realer Wunsch nach Veränderung in eine konkrete Handlung mündet."  

Sonntag, 2. Oktober 2016

Zwischenmenschliche Fertigkeiten




In den zwischenmenschlichen Beziehungen bewegen wir uns immer in verschie­denen Bereichen, die wir abstrakt so definieren können:

-        Orientierung am Ziel
-        Orientierung an der Beziehung
-        Orientierung an der Selbstachtung

Menschen mit einer Essstörung sehnen sich oft nach Anerkennung und Liebe. Aus diesem Grund passen sie sich übermäßig an, auch wenn es unangebracht erscheint. Mit dem Modul „zwischenmenschliche Fertigkeiten“ lernen sie Prioritäten zu setzen, sich in den verschiedenen Situationen angemessen zu verhalten, selbstbestimmt aufzutreten und ihre zwischenmenschlichen Beziehungen zu verbessern.

Eine entscheidende Frage begleitet die Umsetzung dieser Fertigkeit: „Wenn ich mich so verhalte, wie ich mich verhalten möchte, welche Konsequenzen hat mein Verhalten auf meine Mitmenschen?“

Wenn wir uns auf ein Ziel konzentrieren, möchten wir auch etwas erreichen. Hier geht es aber meist um kurzfristige Beziehungen. Beispiele sind Kontakte zu Fremden/Bekannten, Vorstellungsgespräche, Wohnungsbesichtigung, Gespräche mit Behörden oder Einkaufs­situationen usw. Wir sind auf unser Ziel gerichtet und wollen etwas erreichen.

Beispiel: „Julia hat für die Prüfung viel gelernt und möchte die Prüfung nun auch bestehen. Es ist ihr egal, ob die Professorin sie nicht besonders mag oder ob ihre Kommilitonen sie für eine „Streberin“ halten. Sie investiert ihre ganze Energie und setzt sich ein, um ihre Prüfung zu bestehen.“

Wenn wir uns hingegen an Beziehungen orientieren möchten, interessieren wir uns auch für die Empfindungen und Bedürfnisse der anderen. Hier geht es um lang­fristige Beziehungen wie Freundschaften und Partnerschaft. Hier wird Kompromiss­fähigkeit verlangt, damit unsere Beziehungen gut verlaufen.

Beispiel: „Paula leidet seit fünf Jahren an einer Essstörung. Trotz einer langjährigen Therapie und Verbesserungen ist sie beim Essen sehr wählerisch. Ihr Essplan ist ziemlich strikt und wenig abwechslungsreich. Ihr Freund möchte seinen Geburtstag in einem bayerischen Restaurant feiern, da er aus Bayern kommt und die bayerische Küche in Hamburg so vermisst. Paula möchte ihre Beziehung mit ihrem Essverhalten nicht weiter belasten. Darum entscheidet sie sich freiwillig, ihre Ängste zu überwinden und bayrisch essen zu gehen.“

Letzter Bereich behandelt die Selbstachtung. Wenn wir uns auf die Selbstachtung konzen­trieren, sorgen wir für uns, wehren uns, wenn wir uns bedroht und miss­handelt fühlen.

Zur Selbstachtung gehört auch die Abgrenzung. Beispiel: „Sylvia wird von einem Vorgesetzten gegenüber ihrem Kollegen bloß­gestellt. Sie reagiert verärgert, um ihre Rechte zu validieren.“

In der Umsetzung dieser Fertigkeiten haben Menschen viel Handlungsspielraum. Hier geht es um experimentieren, welche Verhaltensweise zu welcher Situation am besten passen würde. Jeder Mensch soll selber entscheiden, welches Verhalten zeigen möchte und welche Folgen dieses Verhalten hat.

Menschen mit einer Essstörung lernen es, sich zwischen den verschiedenen Bereichen zu bewegen und dabei zu bemerken: Es gibt Verhaltensweise, die sich kurzfristig gut anfühlen. Langfristig können bestimmte unüberlegte Reaktionen jedoch katastrophale Konsequenzen haben. Menschen mit Essstörungen lernen nicht nur sich angemessen zu verhalten, sondern auch ihre angeleiteten Emotionen zu regulieren und somit langfristige Beziehungen aufrechtzuerhalten.