Widerstand ist ein
Abwehrmechanismus, der eine Schutzfunktion darstellt. Durch den Widerstand
versucht ein Mensch unbewusst, schmerzhafte Inhalte zu vermeiden. Da eine
Psychotherapie nicht selten einen schmerzvollen Leidensweg voraussetzt, um
innere Konflikte aufzulösen und Verhaltensmuster bewusst zu machen, taucht im
Verlauf oft Widerstand auf, um Leid zu vermeiden.
Widerstand kann auch auftreten,
wenn sich der Klient eine andere Behandlung von seinem Behandelnden wünscht. In
diesem Fall sollte die therapeutische Beziehung hinterfragt werden, um die
Gründe der Unstimmigkeit zu erklären.
Der Widerstand drückt sich so aus:
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Maladaptive Handlungen und dysfunktionales
Verhalten zu rechtfertigen, wenn man Angst vor Veränderung und der eigenen
Therapie hat
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Gähnen und Langweile zeigen
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Termine verschieben
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Esspläne vergessen
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Esspläne nicht ausführen.
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Abgesprochene Übungen nicht durchzuführen
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Bewusst die Unwahrheit sagen
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Die Therapie in Frage zu stellen und versuchen,
die Therapeuten zu verunsichern
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Die Essstörungen bagatellisieren
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Therapie ohne Meldung abbrechen
Die meisten Menschen mit einer
Essstörung verfügen über eine sehr emotional-instabile Persönlichkeit. Das
bedeutet, dass der Behandelnde mit raschen und unerwarteten Veränderungen
rechnen muss. Die Schwierigkeit besteht darin, eine vertrauensvolle Beziehung
aufzubauen und aufrechtzuerhalten. Diese Schwierigkeit ist ein wesentliches
Krankheitsmerkmal, der seine Wurzeln in den primären Beziehungserfahrungen mit
den eigenen Bezugspersonen hatte.
Ich arbeite meistens
dialektisch mit einer flexiblen Haltung, die sich zwischen Akzeptanz und Veränderung
bewegt. Akzeptanz bedeutet für mich, normale Abwehrmechanismen, wie den
Widerstand oder die instabile Persönlichkeit wahrzunehmen und zu akzeptieren; gleichzeitig
aber auch eine Rückmeldung geben, wenn der Klient sich unbewusst oder bewusst
in eine andere Richtung begibt, die sich nicht mit den gemeinsam abgesprochenen
Zielen vereinbaren lässt.
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Ein Beispiel dafür wäre, wen der Klient z.B.
keine hilfreichen Skills finden oder ausprobieren möchte, um die Essanfälle zu
vermeiden. Oder er setzt kein Commitment ein und nimmt den Zeitraum zwischen
den Sitzungen als Urlaub von der
Therapie, in dem er seine Essstörung weiterleben möchte.
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Ein
anderes Beispiel ist die Ablehnung von einer Anbindung an wichtigen Personen,
die in Krisensituationen helfen können: Freunde anrufen, SMS oder Mail-Verkehr
mit dem Therapeuten, Selbsthilfegruppen besuchen, usw.
Essstörungen sind durch Strukturlosigkeit charakterisiert. Um sie überwinden zu können,
braucht ein Mensch eine Struktur und konstante Übungen, um das antrainierte
dysfunktionale Verhalten abzutrainieren und ein neues Verhalten einzuüben.
Dies geschieht durch Motivation und Bereitschaft, den
Widerstand zu spüren und sich trotz der Angst für den Weg ohne Essstörung zu
entscheiden. Um sich von der Essstörung zu trennen, braucht man ein starkes
Commitment, eine Entscheidung im Hier und Jetzt, um die Handlung in Richtung
Heilung zu vollziehen. Dafür brauchen wir gute
Gründe die uns am Leben halten, um
wieder gesund zu werden.
„Was sind Deine guten Gründe? Hast Du schon welche
gefunden?“ lautet mein Satz in der ambulanten Betreuung. Für eine ambulante
Therapie benötigen die Klienten eine starke Motivation, Selbststruktur und
Hingabe an das Ziel. Wenn sie einen großen Widerstand zeigen, werden sie in
einer stationären Einrichtung durch die festen Strukturen und strikte Regeln
besser unterstützt.