Behandlung von Essstörungen

Behandlung von Essstörungen

Donnerstag, 5. Januar 2012

Entfernung oder Flucht



Wenn eine Essstörung auftritt, spielt die Umgebung eine große Rolle. Alles Erlebte einer Person (Gerüche, Orte, Menschen, Erinnerungen, Ereignisse) ist von Bedeutung und wird von ihr innerlich gespeichert.

Später können bestimmte Reize wieder aktiviert werden und unmittelbar mit der Erkrankung in Verbindung stehen. Früher wurde die Entfernung aus dem familiären Umfeld als Maßnahme verstanden Essstörungen zu heilen.

Essstörungen haben Auslöser und können durch äußere Faktoren je nach ihrer Schwere verstärkt oder verbessert werden. Aber der Abstand von bestimmten Auslösern darf auf keinen Fall eine Behandlung ersetzen. Essstörungen verlangen fachkundige Unterstützung.

Betroffene, die in die Klinik eingewiesen werden haben die Chance, sich von ihrem Umfeld zu entfernen und sich für die Heilung Zeit zu nehmen. Was passiert wenn sie entlassen werden? Sie können ihre Umgebung nicht ändern und ihre Angehörigen sind oft nicht bereit, an einer „begleitenden“ Therapie teilzunehmen.

Übrig bleiben verstärkte Bewältigungsstrategien des Betroffenen um sich Ressourcen aufzubauen und sich einen sicheren Ort zu schaffen.

Flucht vor Realität und Vermeiden von Auseinandersetzungen wären für den Betroffenen, der in dieser Zeit von Rückfällen bedroht ist, die bevorzugten Reaktionen.

Verletzlichkeit hat im Leben einen großen Raum und ich glaube, Betroffene haben das Recht, sie zu spüren und ihr in ihrem Dasein einen Platz zu geben.

Die entscheidende Frage ist: Wie können Betroffene ihre Wunden heilen? Wie können sie mit dieser Verletzlichkeit umgehen? Was können sie tun? Welche Rolle hat die Akzeptanz und wann sollte man ihr einen Raum geben?

Akzeptanz ist ein wichtiger Teil, wenn wir merken, dass wir bestimmte Sachen leider nicht beeinflussen und ändern können. Denn sie hängen nicht von uns ab.

Essgestörte lernen von allem was sie verletzt hat inneren Abstand zu gewinnen, um sich zu befreien und ihren Platz zu finden.

Das gelingt mit hoher Wahrscheinlichkeit, nachdem man mit dem Betroffenen -Ich- stärkend gearbeitet und Ressourcen aufgebaut hat.

Wenn er es geschafft hat in der Wirklichkeit positive Erfahrungen zu machen, kann er damit seine Vergangenheit und das Verlorene bedecken.

Die Arbeit mit den schlechten Gefühlen und ihre Integration in das Leben des Essgestörten ist ein wichtiges Stadium der Therapie. Die Gefahr solcher Arbeit liegt in der intensiven, emotionalen, individuellen Auseinandersetzung mit den schmerzlichen Inhalten und Überforderung des Betroffenen.

Diese Arbeit sollte im Fall einer Krise nicht indiziert werden. Essstörungen gehen oft mit Krisen einher. Der Therapeut sollte aufmerksam und einfühlsam sein, um eine Krise zu erkennen und um dann entsprechende Interventionen einzusetzen.

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