Montag, 15. Dezember 2014
Achtsamkeit auf Emotionen
In der Behandlung von
Essstörungen ist es sinnvoll, dass die Betroffenen lernen, die negative
Verstärkung zu erkennen, die für die Aufrechterhaltung der Störung zuständig ist
(Wegfall von unangenehmen Konsequenzen bzw. von unangenehmen Gefühlen).
Essstörungen haben in der Regel
eine spezifische Funktion: sie dienen dazu, unangenehme Emotionen sowie
Spannungsgefühle abzudämpfen. Diese Dynamik sehen wir bei vielen
Suchterkrankungen. Daher sollten sich die Betroffenen am besten mit der dialektischen
Betrachtungsweise ihrer Störung auseinandersetzen, um die Dynamik ihrer
Erkrankung besser nachvollziehen zu können und sich Verhaltensalternativen
anzueignen. Dialektik bedeutet Gegensätze zusammenführen, statt „entweder oder“
besser „sowohl als auch“.
Vor- und Nachteile einer
Essstörung werden besprochen und analysiert, um Lösungen zu finden. Die meisten
Betroffenen wissen, dass ihre Essstörung keine Lösung für andere Probleme darstellen
kann. Trotzdem halten sie an ihrer Essstörung fest, sie identifizieren sich mit
ihr und sind nicht in der Lage, mit ihren Gefühlen anders umzugehen.
Die CBT-E Methode ist für alle Formen
einer Essstörung geeignet und unabhängig vom Schweregrad der Erkrankung
erfolgreich in der Symptomreduktion. Bei Komorbidität hat sich eine
Therapieform bewährt, die sich mit dem richtigen Umgang der Emotionen befasst.
Betroffene mit einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung und einer sehr
starken niedrigen Frustrationstoleranz können von dieser Methode sehr profitieren.
Im Mittelpunkt dieser Behandlung
steht die Regulation der Emotionen: Emotionen sind innere Prozesse, die eine
Anpassung an die Umwelt ermöglichen sollen. Beispiel: wenn wir eine Prüfung ablegen,
spüren wir Angst, wenn wir sie bestanden haben, spüren wir Freude und
Erleichterung. Ein definiertes Ereignis triggert ein definiertes Gefühl.
Stellen wir uns vor, auf eine nicht bestandene Prüfung aber mit Freude zu
reagieren! Jeder würde dies als unangepasst erkennen. Manchmal kommt es aber vor,
dass wir tatsächlich „unangepasst und unangemessen“ auf einige Lebensereignisse
reagieren. Menschen mit einer Essstörung haben Schwierigkeiten, ihre Gefühle
angemessen auszudrücken und fühlen sich oft von ihnen übergewältigt. Mit diesem
Modul lernen sie, dass das Erleben von Emotionen, auch sehr starken und
unangenehmen Emotionen, sicher ist. Das heißt, es kann alleine durch das
Erleben kein körperlicher oder seelischer Schaden entstehen.
Ich sage oft zu meinen Klienten:
„Aus Angst oder aus Schmerz ist noch niemand gestorben“. Das Ziel dieses Moduls
liegt in der Integration aller Gefühle und der Übung von Achtsamkeit gegenüber
Emotionen. Achtsamkeit auf Emotionen bedeutet die Bereitschaft, Emotionen
zunächst voll und ganz und ohne Vorurteil zu erleben. Es kann im Leben richtig
sein, aus einer Emotion heraus sofort z.B. zum Selbstschutz zu handeln. Beispiel:
Ich werde wütend, wenn ich auf der Arbeit gemobbt werde. Keine noch so starke
Emotion zwingt aber zum Handeln. In einem zweiten Schritt kann dann die
Entscheidung getroffen werden, ob es klug ist mit der Emotion oder gegen die
Emotion zu handeln. Will ich meinen Kollegen und meinem Chef meine Wut zeigen
oder nicht? Im Fall von einer Essstörung: will ich meinen Ärger und
Spannungsgefühle durch einen Essanfall reduzieren oder auf eine gesundere Weise
loshaben?
Achtsamkeit auf Emotionen führt
zu einer Entautomatisierung emotionaler Abläufe. Was früher ein blitzartiger
Ablauf war, kann jetzt in einzelnen Komponenten wahrgenommen werden. Das
ermöglicht den Betroffenen zwischen Emotionen und ihren Reaktionen auf die Emotionen
zu unterscheiden. Die Unterscheidung in primäre und sekundäre Emotion hat eine
besondere Bedeutung, da sich das „entgegengesetzte Handeln“ an der primären
Emotion orientieren muss. Ein Beispiel dafür: wenn ein übergewichtiger Mensch
sich schämt, ins Schwimmbad zu gehen, weil er Angst hat, in der Öffentlichkeit
gehänselt zu werden, kann es sein, dass er zunächst nur bewusst die Scham erlebt.
Achtsamkeit auf Emotionen kann dazu führen, dass er auch die Angst bewusst
wahrnimmt und lernt, sie zu überwinden. Darum ist Achtsamkeit auf Emotionen ein
wichtiger Bestandteil in der Behandlung von Essstörung, da sie dazu führt,
Emotionen zu erkennen und zu beeinflussen.
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