Behandlung von Essstörungen

Behandlung von Essstörungen

Sonntag, 25. Oktober 2015

Therapielänge und Ausbeutung



 


Bei Essstörungen herrscht oft die verbreitete Meinung, dass der Betroffene keine Krankheitseinsicht und keinen Wunsch nach Veränderung möchte. In Wirklichkeit nehmen aber Betroffene im Laufe ihrer Erkrankung sehr viele therapeutische Angebote in Anspruch und diese immer mit der Hoffnung, dass die nächste Behandlung nun endlich die erwünschten Erfolge zeigt.

In der Regel haben Menschen mit Essstörungen bereits viele Therapien durchlaufen, die aber gescheitert sind. Woran liegt dies? Fachkräfte und Fachpersonal führen den Misserfolg auf die mangelnde Willenskraft des Betroffenen zurück. Betroffene hingegen sind davon überzeugt, dass das aktuelle Angebot nicht ausreicht und suchen immer wieder neue Therapieansätze, einige sind sogar der Meinung, dass Ärzte bzw. Therapeuten sie nicht gut therapiert haben.

Jeder Betroffene hat natürlich das Recht, sich den Behandelnden auszusuchen, der seinen Vorstellungen entspricht. Aber er muss auch damit rechnen, dass Ablehnungen von Fachkräften auch vorkommen können. Besonderes, wenn man wiederholten Klinikaufenthalt und Therapieabbrüche gesammelt hat.
Die Behandlung von Essstörungen ist sehr komplex und der Therapieverlauf umfasst mindestens 1-3 Jahre. Einige Betroffene haben nach über 10 Jahren der Erkrankung immer noch die Vision: „Dieses Mal werde ich es schaffen!“.

Ich möchte unabhängig von unterschiedlichen Meinungen einen wichtigen Punkt betonen und meine Meinung vertreten: „Essstörungen sind heilbar! Die Heilung hat sehr viel mit dem eigenen Bewusstsein und den Handlungsmöglichkeiten der Betroffenen zu tun. Therapeutische Ansätze sind nur Werkzeuge, die man selbstbewusst und freiwillig anwenden kann, oder nicht“. Verhaltenstherapeuten nennen dies „Commitment = Entschluss.“ Die bewusste Entscheidung des Betroffenen zur Therapie ist letztendlich für die Genesung entscheidend.

Nur der „Versuch“ garantiert keine Heilung, weil er durch viele andere Faktoren bedingt ist, er ist nicht konsequent genug. Ein Beispiel dafür ist die niederschwellige Willenskraft einer Bulimikerin: „Ich versuche heute nicht zu erbrechen. Ich probiere es einfach, wenn es klappt. Es kommt darauf an, wie es mir heute geht“. Dieser Haltung geht kein Entschluss voraus, der Versuch ist von vielen äußeren Faktoren abhängig und nicht vom Betroffenen selbst. „Das hängt davon ab, wie es mir geht“, hier übernimmt der Betroffene keine aktive Rolle, keinen Entschluss.

Aus diesem Grund bin ich der Meinung, dass Betroffene selbstverständlich mehr als eine Chance auf eine Therapie haben sollten. Aber ein neuer Therapieansatz darf nicht zur Ausnutzung des Betroffenen werden. Wenn ich merke, dass ein Betroffener von der Therapie nicht profitiert, führe ich sie aufgrund meiner Ethik nicht mehr weiter.

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