Sonntag, 2. Oktober 2016
Zwischenmenschliche Fertigkeiten
In den zwischenmenschlichen
Beziehungen bewegen wir uns immer in verschiedenen Bereichen, die wir abstrakt
so definieren können:
-
Orientierung am Ziel
-
Orientierung an der Beziehung
-
Orientierung an der Selbstachtung
Menschen mit einer Essstörung
sehnen sich oft nach Anerkennung und Liebe. Aus diesem Grund passen sie sich übermäßig
an, auch wenn es unangebracht erscheint. Mit dem Modul „zwischenmenschliche
Fertigkeiten“ lernen sie Prioritäten zu setzen, sich in den verschiedenen
Situationen angemessen zu verhalten, selbstbestimmt aufzutreten und ihre
zwischenmenschlichen Beziehungen zu verbessern.
Eine entscheidende Frage
begleitet die Umsetzung dieser Fertigkeit: „Wenn ich mich so verhalte, wie ich
mich verhalten möchte, welche Konsequenzen hat mein Verhalten auf meine
Mitmenschen?“
Wenn wir uns auf ein Ziel konzentrieren,
möchten wir auch etwas erreichen. Hier geht es aber meist um kurzfristige Beziehungen. Beispiele sind
Kontakte zu Fremden/Bekannten, Vorstellungsgespräche, Wohnungsbesichtigung,
Gespräche mit Behörden oder Einkaufssituationen usw. Wir sind auf unser Ziel
gerichtet und wollen etwas erreichen.
Beispiel: „Julia hat für die
Prüfung viel gelernt und möchte die Prüfung nun auch bestehen. Es ist ihr egal,
ob die Professorin sie nicht besonders mag oder ob ihre Kommilitonen sie für eine
„Streberin“ halten. Sie investiert ihre ganze Energie und setzt sich ein, um
ihre Prüfung zu bestehen.“
Wenn wir uns hingegen an
Beziehungen orientieren möchten, interessieren wir uns auch für die
Empfindungen und Bedürfnisse der anderen. Hier geht es um langfristige Beziehungen wie Freundschaften und Partnerschaft.
Hier wird Kompromissfähigkeit verlangt, damit unsere Beziehungen gut verlaufen.
Beispiel: „Paula leidet seit fünf
Jahren an einer Essstörung. Trotz einer langjährigen Therapie und Verbesserungen
ist sie beim Essen sehr wählerisch. Ihr Essplan ist ziemlich strikt und wenig
abwechslungsreich. Ihr Freund möchte seinen Geburtstag in einem bayerischen
Restaurant feiern, da er aus Bayern kommt und die bayerische Küche in Hamburg
so vermisst. Paula möchte ihre Beziehung mit ihrem Essverhalten nicht weiter
belasten. Darum entscheidet sie sich freiwillig, ihre Ängste zu überwinden und
bayrisch essen zu gehen.“
Letzter Bereich behandelt die
Selbstachtung. Wenn wir uns auf die Selbstachtung konzentrieren, sorgen wir
für uns, wehren uns, wenn wir uns bedroht und misshandelt fühlen.
Zur Selbstachtung gehört auch
die Abgrenzung. Beispiel: „Sylvia wird von einem Vorgesetzten gegenüber ihrem
Kollegen bloßgestellt. Sie reagiert verärgert, um ihre Rechte zu validieren.“
In der Umsetzung dieser
Fertigkeiten haben Menschen viel Handlungsspielraum. Hier geht es um
experimentieren, welche Verhaltensweise zu welcher Situation am besten passen
würde. Jeder Mensch soll selber entscheiden, welches Verhalten zeigen möchte
und welche Folgen dieses Verhalten hat.
Menschen mit einer Essstörung
lernen es, sich zwischen den verschiedenen Bereichen zu bewegen und dabei zu bemerken:
Es gibt Verhaltensweise, die sich kurzfristig gut anfühlen. Langfristig können
bestimmte unüberlegte Reaktionen jedoch katastrophale Konsequenzen haben.
Menschen mit Essstörungen lernen nicht nur sich angemessen zu verhalten, sondern
auch ihre angeleiteten Emotionen zu regulieren und somit langfristige
Beziehungen aufrechtzuerhalten.
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