Behandlung von Essstörungen

Behandlung von Essstörungen

Dienstag, 1. September 2015

Essstörungen und Zielunklarheit





Menschen, die an einer Essstörung leiden, haben Schwierigkeiten ihre eigenen Werte zu definieren. Gründe hierfür sind:

-                  Mangelndes Interesse an der Erfüllung anderer Lebensbereiche,

-                  geringe Autonomie und emotionale Abhängigkeit.

 

Mangelndes Interesse drückt sich durch eine Vernachlässigung verschiedener Lebens­aspekte aus. Essstörungen nehmen so viel Platz ein, dass bei den Betroffenen Aspekte des Lebens in den Hintergrund geraten. Geringe Autonomie weist darauf hin, dass Betroffene nicht gelernt haben für sich selbst zu sorgen, sich abzugrenzen oder eigene Wünsche angemessen zu erfüllen. Diese emotionale Abhängigkeit von den anderen ist die Folge einer übernommenen Erziehung, durch die sich Betroffene nicht entfalten und die eigenen Bedürfnisse nicht wahrnehmen konnten. Ein Zeichen der emotionalen Abhängigkeit ist die Ãœberanpassung, Betroffene passen sich den Anforderungen der Umwelt extrem an.

 

Durch die Ãœberanpassung erfahren die Betroffenen mehr Akzeptanz und Liebe. Folglich opfern sie ihr wahres Selbst immer mehr auf, die Erkrankung äußert sich als ein klares Signal dieses Unbehagens. Aufgrund der Anpassung sind die Betroffenen mit sich selbst unzufrieden und möchten häufig anders sein, als das was sie sind. Sie verhalten sich und handeln aber, wie es ihnen beigebracht wurde, so wie es sich gehört. In ihrer Biografie lässt sich nicht selten erkennen, dass sie den Wünschen ihrer Mitmenschen nachgehen, um Wertschätzung und Anerkennung zu erhalten. Auf die Frage: „Was willst Du von Deinem Leben und welche Lebensbereiche hältst Du für wichtig“ bekommt man keine Antwort. Meistens bestehen nur Antworten, die allgemeine Unzufriedenheit ausdrücken und das Krankheitsbild aufrechterhalten.

 

Schritt zur Veränderung

Um etwas ändern zu wollen, brauchen wir in unserem Leben ein Ziel. Bei den Essstörungen könnten regelmäßiges Essen und Weglassen von kompensatorischen Maßnahmen zur Krankheitsüberwindung (intensiver Sport, Erbrechen und Abführmittelmissbrauch) ein initiales Ziel sein. Im zweiten Ablauf ist die Erkenntnis eigener Werte notwendig, um weiteren Therapiezielen zu folgen. Werte sind Lebensinhalte, die für einen Menschen wichtig sind, auf die er sein Leben ausrichten kann. Sie sind in der Regel abstrakt formuliert und sind niemals vollständig erreichbar. Aber sie geben uns eine Richtung und Orientierung vor. Dank unserer Werte können wir unsere Ziele festlegen. Darum sind Ziele konkrete Schritte in Richtung eines Werts. Im Laufe des Lebens können sich Werte ändern. Z.B. einem 15 Jährigen könnte der Wert „Freundschaft“ viel wichtiger sein als der Wert „Beruf“. Mit 30 würde er wahrscheinlich die Wichtigkeit seiner Lebensbereiche anders bemessen/ einstufen. Werte sind daher individuell und manchmal altersabhängig.

 

Um unsere Werte zu erreichen, müssen wir mit anderen Menschen interagieren. Egal ob es um Beruf, Partnerschaft, Freundschaft oder Fremden geht, sind wir auf die Beziehung des anderen angewiesen und brauchen interpersonelle Fertigkeiten, die uns ermöglichen, zwischenmenschliche Beziehungen angemessen zu gestalten. Wir können selber über die Wichtigkeit unserer Verhältnisse entscheiden und je nach Situation entscheiden, was für den Moment wichtig ist. In den zwischenmenschlichen Beziehungen bewegen wir uns ständig in den drei Bereichen: Ziel, Beziehung oder Selbstachtung. Je nach unseren Bedürfnissen orientieren wir uns auf Ziele, wenn wir unbedingt etwas erreichen wollen. In diesem Fall könnte sich um Beziehungen zu den Menschen handeln, mit denen wir kurzfristig zu tun haben. Beispiele dafür sind: Behördentermine, Einkaufsmöglichkeiten, Fremde anhalten um Informationen auf der Straße zu erhalten, Gespräche mit dem Vermieter, usw. Das Ziel ist wichtiger als die Beziehung. Wir brauchen etwas und wir wollen es hartnäckig haben. Eine Fertigkeit für das Ziel wäre das Durchsetzungsvermögen. Lernen, sich durchzusetzen.

 

Orientierung auf Beziehung: In diesem Fall handelt sich um Beziehungen zu den Menschen, die uns näher sind. Das heißt, Sie sind Menschen mit denen wir eine langfristige Beziehung haben. Am günstigsten sollten wir uns fragen: „Welche Konsequenzen hat mein Verhalten auf die anderen, wenn ich mich verhalte, so wie ich mich verhalten möchte?“. Beispiele sind Beziehungen zu Partner, Freunden und Angehörigen und eine Fertigkeit für die Beziehung wäre die Kompromissbereitschaft.

 

Orientierung auf Selbstachtung: Selbstachtung bedeutet Wahrnehmung und Behauptung der eigenen Rechte, bedeutet selbst treu zu bleiben, zu den eigenen Bedürfnissen zu stehen, unabhängig davon, was der andere von uns verlangt. Beispiele dafür sind z.B. wenn eine Person unsere Rechte nicht beachtet. Eine Fertigkeit für die Selbstachtung wäre die Abgrenzungsfähigkeit.

 

Jeder Mensch kann selber und je nach Situation entscheiden, ob er sich lieber auf das Ziel, auf die Beziehung oder Selbstachtung orientieren möchte. Menschen mit einer Essstörung können bestimmte Fertigkeiten durch Übungen erlernen und damit ein befriedigendes soziales Leben durchführen.

 

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen