Behandlung von Essstörungen

Behandlung von Essstörungen

Sonntag, 24. August 2014

Das Suchtmodell



Im Suchtmodell gehen wir davon aus, das es sich bei Essstörungen um eine Suchtproblematik handelt. Insbesondere bulimische Klienten scheinen bei einem verzögerten Essanfall wie unter Entzug­symptomen zu leiden und der Essanfall wird oft als „kick“ erlebt.

Außerdem kann die übermäßige Nahrungsaufnahme im Rahmen einer Bulimie auch als eine spezielle Form der Suchterkrankung betrachtet werden, da eine ganze Reihe von klassischen Suchtkriterien erfüllt sind. Einige Kriterien sind:

-        Kontrollverlust

-        Einsatz des Suchtmittels in der Bewältigung  von Stress oder beim Gefühl von Unlust

-        Tendenz zur Geheimhaltung

-        Fortdauern der Sucht trotz aversiver Konsequenzen

 

Der Kontrollverlust spielt hierbei eine große Rolle. Betroffene haben ständig das Gefühl, ihr Essverhalten nicht kontrollieren zu können. Sie verlieren die Kontrolle über das Essen. Sie fühlen sich machtlos und von der Erkrankung besessen.

Der Einsatz des Suchtmittels in der Bewältigung von Stress oder Unlustgefühlen bedeutet: Essen hat einen Zweck. Es wird bei Klienten mit Affektintoleranz eingesetzt, um unangenehme Gefühle abzumildern und schwierige Situationen zu bewältigen. Bei diesen Klienten steht die Affekt­regulierung im Mittelpunkt. Das Essen stellt nicht mehr die Hauptproblematik dar, sondern ist ein Mittel, um die Gefühlslage zu verändern. In diesem Fall reicht in der Therapie die Technik des regelmäßigen Essens nicht von alleine, um Gefühle zu regulieren und das Essprotokoll wird in der Regel mit anderen therapeutischen Einsätzen kombiniert. Wir müssen davon ausgehen, dass Essstörungen, besonders Bulimie, mit einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung einhergehen. Nach einer erfolgreichen Behandlung sind Betroffene in der Lage, ihre Emotionen zu beeinflussen und mehr Freude am Leben zu gewinnen.

 

Tendenz zur Geheimhaltung

Viele Betroffene verheimlichen aus Schamgefühlen ihre Erkrankung. Ihr Freundkreis und Arbeits­umfeld kennen die Problematik meist nicht. In einigen Fällen erfahren sie den gesundheitlichen Zustand erst später und nur wenn der Betroffene aufgrund seines Aussehens und Verhaltens auffällig geworden ist. Sozialer Rückzug und Absagen bei verschiedenen Einladungen sind die typischsten Kennzeichen, die diese schwerwiegende Lage nachweisen.

Fortdauern der Sucht trotz aversiver Konsequenzen: Obwohl den Betroffenen ihren gesundheitlichen Schäden bewusst sind, können sie diesen Teufelskreis nicht durchbrechen. Sie haben kaum positiven Einfluss auf ihr gestörtes Essverhalten. In der Verhaltenstherapie lernen sie, die Verantwortung für die Erkrankung bzw. Heilung zu übernehmen und folglich das erwünschte Verhalten zu erzielen.

Auf kognitiver Ebene finden sich bei bulimischen Klienten häufig dysfunktionale Gedanken über Ernährung. Diäten und Gewichtskontrolle sowie Fehlwahrnehmungen beim Körpergefühl und inadäquate Bewältigungsfertigkeiten für die Lösung von Problemen. Die wichtigste Dysfunktion besteht in der Zwangsvorstellung schlank sein zu müssen. Zusätzlich finden sich dysfunktionale Gedanken in der Richtung, dass Nahrungsaufnahme ohne Erbrechen in jedem Fall zu einer Gewichts­zunahme führt. Das gesamte Denken von bulimischen Klienten ist durch ausgeprägten Per­fektionismus und dichotomes Denken charakterisiert. Entweder ich lebe Diät oder ich werfe alle Regeln über Bord und fresse.

Viele Anforderungen im beruflichen oder privaten Leben können wegen der überhöhten Ansprüche der Klienten an sich selbst unter realistischen Voraussetzungen niemals erreicht werden. Daher leiden die Klienten häufig an Versagensgefühlen, die wiederum mit übermäßiger Nahrungszufuhr als Bewältigungsmechanismus gelindert werden sollen. Auf emotionaler Ebene stellt die bulimische Symptomatik häufig eine Bewältigungsstrategie für intensive negative Gefühle dar, die sich der Betroffene entweder nicht zugesteht oder die sie nur undifferenziert als innere Anspannung wahrnimmt.

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